INTRO
Seit drei Wochen verbringe ich wieder jeden Freitagnachmittag in meinem Schauraum und nütze die Zeit zum Blogschreiben. Während ich darüber nachdenke, ob ich zum Hund mit rosa Bein von Pierre Huyghe etwas zu sagen habe und wenn ja, was, fällt mein Blick auf ein wunderbares Buch, das schon seit Monaten auf meinem Schreibtisch liegt und seit Jahren in meinem Besitz ist: Hanna Schimeks "Ohrenzeugen" von 2009. Ich blättere es durch und weiß sofort: Darüber will ich jetzt viel lieber schreiben.Es ist ein kleines, feines Fotobuch, das ich allen ans Herz legen möchte, die Hunde lieben, also Ihnen. Hanna Schimek "versammelt bildhafte Darstellungen von Hunden aus unterschiedlichen Epochen der Kunstgeschichte und stellt sie eigenen Aufnahmen aus dem Bereich der analogen Alltagsfotografie in assoziativer Weise gegenüber", heißt es im lapidar Klappentext. Doch diese prosaische Beschreibung wird dem Buch nur unzureichend gerecht.
Hanna Schimek zeigt anonyme Alltagsfotografien von Hund und Herr, wie sie poetischer nicht sein könnten. Die verblassten Fotografien von "Familienhunden" der 30er bis 90er Jahre fand sie bei Freundinnen und Freunden und im digitalen Archiv Orthochrome. Daneben zeigt sie eigene Fotografien. Während eines Londonaufenthalts fotografierte sie Obdachlose mit ihren Hunden, in Athen verbrachte sie viele Stunden mit streunenden Hunden, fotografierte sie bei ihren Versuchen dem Großstadtchaos Widerstand zu leisten. Ergänzt werden die einzelnen Bilder durch human interest stories, die Hanna Schimek im Stil von Zeitungsmeldungen schrieb.
Die vielen Hunde, die die Geschichte der Malerei bevölkern, bilden den Ausgangspunkt und werden mit formal oder inhaltlich ähnlichen Fotografien kombiniert. So stellt die Künstlerin z.B. Kaiser Karl V. mit Hund von Tizian Bildern von Punks und deren Hunden gegenüber, die sie in Wien fotografiert hat.
Hanna Schimek, Wolfgang Pircher, Bernhard Kathan. Ohrenzeugen. Fotohof Edition, Verlag,2009. ISBN: 9783902675217